Zwischen Erde und Mars kreist eine Teekanne um die Sonne,
eine aus Porzellan und bis obenhin gefüllt. Was, das glaubst du nicht? Ich auch
nicht. Die Existenz eines solchen Gefässes kann auch mit dem stärksten Teleskop
nicht nachgewiesen werden. Genauso wenig wie das Gegenteil.
Nehmen wir einmal an, mein Nachbar glaubt seit seiner
Kindheit an diese Teekanne. Schon seine Eltern haben ihm davon erzählt und
beide waren selber von ihrer Existenz überzeugt. Jeden Sonntag spricht mein
Nachbar mit seiner Teekanne und trinkt einen schluck Tee zu ihren Ehren. Einen
Krug kauft er sich aber nicht, denn von der Teekanne soll man sich kein Bildnis
machen. Du ahnst es schon, mein Nachbar hat eine Schraube locker. Oder hat er
einfach nur seine eigene Religion?
Das Gedankenexperiment mit der Teekanne stammt aus einem Aufsatz des englischen Mathematikers und Philosophen
Bertrand Russell (deswegen
heisst es „Russell’s tea-pot“) aus dem Jahr 1952. Mit dieser Geschichte will er verdeutlichen, dass es an den
Gläubigen liegt, einen Gottesbeweis zu erbringen und nicht an den Zweiflern,
seine Nichtexistenz zu belegen.
Milliarden von Menschen glauben an einen Gott, den der Duden
als
höchstes übernatürliches Wesen, das als
Schöpfer Ursache allen Geschehens in der Natur ist, das Schicksal der Menschen
lenkt, Richter über ihr sittliches Verhalten und ihr Heilsbringer ist
definiert.
Niemand kann die
Existenz eines solchen Wesens beweisen und doch sind Generationen von Menschen im
Glauben an einen Gott aufgewachsen, haben in seinem Namen Kriege geführt,
Andersdenkende gefoltert und als Ketzer verbrannt und unzählige Gläubige zu Sündern
gemacht, wenn sie von den Regeln der jeweiligen Religion abwichen. In unseren
Breitengraden ist der Glaube in grossen Teilen einer „Ich-Weiss-Es Nicht“-Attitüde
gewichen. Es sind die Agnostiker, die zwar nicht mehr buchstabengetreu nach der
Bibel leben, aber auch nicht ausschliessen, dass es irgend eine höhere Macht gibt,
die alles erschaffen hat. Wer, bitte schön, hat dann diese höhere Macht erschaffen?
Immer wieder ist mir zu Ohren gekommen, die Natur sei
doch Gott. Der Duden definiert Natur allerdings ganz anders, nämlich unter
anderem als
alles, was an organischen und
anorganischen Erscheinungen ohne Zutun des Menschen existiert oder sich
entwickelt.
Der Agnostiker sagt also: Ich weiss es nicht. Tatsächlich wissen
wir nicht, ob ein Teekessel um die Sonne kreist oder nicht. Jeder mit klarem Verstand
würden das aber als Unsinn abtun. Weshalb zieht dann ein Christ die unbefleckte
Empfängnis in Betracht, oder die Himmelfahrt Jesu? Wie können vernünftige,
gebildete Menschen an die Existenz des Teufels glauben und daran, dass die
Guten in den Himmel kommen und die Bösen in die Hölle? Mir scheint dies alles ebenso
unwahrscheinlich wie die Teekanne im All. Und doch gibt es viele, die sagen:
Ich weiss es nicht.
Während
ich dies hier aufschreibe, dreht die Teekanne unbeirrt ihre Bahn um die Sonne
und mir bleibt nur eins: abwarten und Tee trinken, bis sich jemand die Mühe
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